Hexenschuss, Verspannungen und Bandscheibenvorfall müssen nicht sein: Stefanie Zimmermann hat sich als Fitness-Trainerin auf Senioren spezialisiert und kommt sogar zu ihnen nach Hause, um dort den sicheren Gang, Kraft und Beweglichkeit in aller Ruhe zu üben.
Von Julia Anderton
Rückenschmerzen sind das Volksleiden Nummer Eins. Auch Stefanie Zimmermann war bereits in ihren Dreißigern so sehr davon geplagt, dass ohne regelmäßiges Fitnesstraining nichts mehr ging. „Ich musste einfach etwas tun, um nicht dauernd Schmerztabletten zu nehmen“, erinnert sie sich. Nach ihrer zweiten Rückenoperation entdeckte Stefanie Zimmermann Pilates. „Zu Yoga habe ich nie Zugang gefunden, obwohl ich es immer probiert hatte. Reha-Training blieb immer irgendwie an der Oberfläche und erst bei Pilates habe ich meinen Körper wieder kräftigen können und in meine alte Kondition zurückgefunden.“
Als sie ihr reguläres Berufsleben beendete, lag es somit auf der Hand, den Sport nun profimäßig zu betreiben. Sie absolvierte eine Ausbildung als Fitnesstrainerin und schloss Spezialisierungen zur Kursleiterin Senioren sowie Pilates an. Die Pilates-Übungen ergänzte sie um einfache Übungen aus dem Feldenkrais, aus der allgemeinen Entspannungslehre, aus Rückenschule und Reha-Training. „Die Mischung ist abwechslungsreich, bietet dem Körper immer neue Anreize und wird nicht langweilig. Die Intensität stimme ich auf die Teilnehmer ab“, betont die agile 60-Jährige, die zweifache Mutter und fünffache Oma ist. Seit Oktober gibt sie Kurse in Sportstudios, ihr Schwerpunkt liegt jedoch auf Personal Training bei Menschen über 50 Jahren in deren Zuhause („Fahrunsicherheit, weite Wege vom Parkplatz zu einem Studio – all das ist für manchen nicht zu bewältigen“).
Warum konzentriert sie sich auf diese Altersgruppe? „Erstens, weil ich selbst dazu gehöre und einer supersportlichen 20-Jährigen nicht mehr so viel bieten könnte und zweitens, weil ich gemerkt habe, wie viel man bei relativ untrainierten Menschen über 50 Jahren bewirken kann. Ein sicherer Gang, Alltagstauglichkeit, weniger Schmerzen, mehr Kraft und Beweglichkeit sichern ein autonomes Leben und geben Freiheiten zurück, die man schon längst vergessen glaubte. Dieses Erfolgserlebnis beflügelt mich selbst, denn es ist einfach schön zu sehen, was man alles noch erreichen kann.“
Im höheren Alter seien einfach mehr Beschwerden da. „Sei es von einer Krankheit, einer Schwäche oder nach Operationen – die Knochenstrukturen, die Muskeln, Bänder und Sehnen werden unelastischer und dann kann man mit dem falschen Sportprogramm sogar richtig schaden. Ich weiß, was man bei Prothesen, Osteoporose oder Arthrose machen darf und was nicht. Ich stehe in Verbindung zu einem Orthopäden und einem Gynäkologen, um Grenzfälle zu besprechen. Ich selbst habe ja nach zwei Operationen die Einschränkungen kennengelernt, auf die man Rücksicht nehmen muss. Das kann kein junger, gesunder Trainer ermessen, wie das ist, wenn man nach fünf Liegestütze plötzlich Halswirbel-Probleme hat“, erklärt die gebürtige Sonnenbergerin, die in der Hirtenstraße aufwuchs. Allerdings: „Was jahrzehntelang nicht bewegt wurde, kann man nicht in zwei Monaten aufpimpen, da muss man etwas vorsichtiger sein.“
In den vergangenen Monaten hat sie die Erfahrung gemacht, dass Frauen grundsätzlich aufgeschlossener sind: „Sie wollen bis ins hohe Alter fit und beweglich bleiben und damit auch attraktiv. Ich mag es, wenn älter werdende Frauen sich nicht aufgeben und das bleiben, was alle Frauen, egal, in welchem Alter, an sich haben können: Einen gewissen Glamour, eine Reife, die schön macht und das Bemühen um sich selbst.“
Grundsätzlich hat Stefanie Zimmermann festgestellt, dass Senioren heutzutage deutlich mehr auf ihre Fitness achten. „Ich habe eher den Eindruck, dass man sich um die jüngeren mehr Gedanken machen muss. Was man da sieht – Übergewicht und Untrainiertheit, da stehen die Alten oft besser da!“ Dass Stefanie Zimmermann in einem Alter beruflich neu durchstartet, in dem andere als Rentner auf die berufliche Zielgerade zusteuern, passt in ihre Biografie: Zuerst war das „Sonneberscher Mädsche“ Zahnarzthelferin – ihr Mann hatte sich mit seiner Praxis in der Kreuzbergstraße niedergelassen –, danach arbeitete sie in der Modebranche, machte eine Ausbildung zur Marketingkauffrau und war in Agenturen und in der Marketingabteilung eines Unternehmens tätig.
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